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"Die Kraft des Frauensports für gesellschaftliche Veränderungen ist noch gar nicht absehbar."

Im dritten und letzten Teil unseres Interview-Specials zu SPORTFIVE's Engagement im Frauenfußball spricht Karsten Bentlage, Senior Vice President Consulting bei SPORTFIVE, über Success Stories in der Aktivierung von Sponsorings und erklärt, was es bei der Aktivierung zu beachten gilt und wie er die Zukunft des Frauenfußballs einschätzt.

In Teil 1 äußert sich SPORTFIVE Germany Geschäftsführer Hendrik Schiphorst zu den Gründen, warum die Sportmarketingagentur auf den Frauenfußball setzt.

In Teil 2 spricht Stefan Heitfeld, Senior Vice President Regional & Team Sales bei SPORTFIVE Germany, über die Gründe, warum Frauenfußball so interessant für Marken ist, welche Unterschiede es zwischen Männer- und Frauenfußball gibt und wie Vereine von ihren Frauenteams besonders profitieren können.

Herr Bentlage, Sie beschäftigen sich bereits seit einigen Jahren mit der Aktivierung von Marken. Können Sie die Relevanz und Eigenarten des Frauenfußballs auch einmal aus Ihrer Perspektive einordnen?

Aus meiner Sicht unterscheidet sich der Frauenfußball in der Positionierung und seinem Werteversprechen etwas vom Männerfußball. Das hat natürlich auch Einfluss auf die Aktivierung der Partnerschaften von Rechtehaltern mit werbetreibenden Brands. Aktuell ist der Frauenfußball im Gegensatz zu dem der Männer noch wenig reichweiten- und rechtegetrieben. Es gibt noch viele Fans, die sich eher generell für ihn interessieren und das jeweilige Fandom für eine spezifische Mannschaft sowie die Rivalitäten zu anderen sind vergleichsweise noch etwas weniger ausgeprägt. Für die Konzeption und Umsetzung von Sponsoringkampagnen birgt das mehr Möglichkeiten des „Miteinanders“ von unterschiedlichen Vereinen und Athletinnen und man hat durchaus mehr Freiheiten, weil es eben diese teilweise historisch gewachsenen Abgrenzungen der Fanlager noch nicht so gibt.

Gleichwohl sollte aufgrund der mitunter noch überschaubaren Reichweite der Rechtehalter die Aktivierung der Sponsoringrechte von vornherein bei neuen Partnerschaften umso mehr mitgedacht werden. Idealerweise mit demselben Budget wie die reinen Rechtekosten, was bei den aktuell noch vergleichsweise machbaren Summen für Rechte auch absolut realistisch für Brands erscheint. Verschiedene Umsetzungen haben bereits gezeigt, dass das die ideale Budget-Konstellation für ein großes, positives Medienecho bei einem Sponsoring-Engagement ist.

Können Sie Beispiele nennen, die Sie als SPORTFIVE mit konzipiert und begleitet haben?

Sehr gerne. Um bspw. New Balance mehr mit Fußball und Popkultur zu verknüpfen und dem Publikum zu zeigen, dass New Balance versteht, wo diese beiden Phänomene sich schneiden, haben wir zusammen 2023 über unsere Tochteragentur DRAVT – ein  gemeinsames Joint Venture mit der Berliner Kreativ-Agentur DOJO –  ein vielseitiges lifestyle-orientiertes Veranstaltungsprogramm in Berlin für die weibliche Fußball-Community auf die Beine gestellt. Neben einem Frauenfußballturnier inkl. Skill Challenges für weibliche „Cool Kids“ konnten wir die Anziehungskraft dieses Events durch die Anwesenheit diverser Influencer, Auftritte lokaler Musiktalente und renommierter internationaler Künstlerinnen und Künstler erheblich steigern. So haben wir für die Brand ihr eigenes Recht geschaffen, in dem wir einen kompletten Fußballtag an einem maximal urbanen Ort in der Mitte von Berlin für sie umgesetzt und Creator für ausreichend Reichweite eingeladen haben. Der „Media Buzz“ war enorm und hat sowohl die Marke New Balance in der Zielgruppe Frauenfußball-Fans signifikant geschärft, als auch den Absatz von New Balance-Produkten wie deren Fußballschuhen TEKELA 4 und FURON V7 bei Frauen angekurbelt.

Das Multiclubsponsoring von kununu

Ein zweites Beispiel ist kununu, bei denen wir einen ganz anderen Ansatz gefahren haben: Der Fit vom sich gerade stark verändernden Frauenfußball, dem sich ebenfalls stark verändernden Arbeitsumfeld von Frauen sowie dem kununu Claim „Let’s make work better“ war von Anfang an gegeben. Zudem wollte sich kununu gerne auf Nordrhein-Westphalen konzentrieren, weshalb wir sie mit fünf rivalisierenden Vereinen aus dieser Region unter dem Claim „In den Farben getrennt, in der Mission vereint“ mit dem Ziel, den Themen Gleichberechtigung und faire Bedingungen im Sport sowie in der Arbeitswelt mehr Sichtbarkeit zu verschaffen, zusammengebracht haben. Um darüber hinaus mehr Reichweite zu erzielen, konzipierten wir eine DOOH Fan-Journey bei den Partien der Männerteams in u.a. Köln, Dortmund und Gelsenkirchen, um mit individueller Fan-Ansprache Aufmerksamkeit für die Frauenteams und die Partnerschaft zu generieren. Hier waren wir über alle Phasen des Projektes eng an der Seite von kununu: von der Auswahl des Frauenfußballs als Werbeplattform, über die Erarbeitung der Kommunikationsstrategie und Selektion der Rechtehalter bis zur Umsetzung und Ausspielung des Contents.

Vorwerk und die DFB Frauennationalmannschaft

Zu guter Letzt will ich auch Vorwerk nennen, die ihr DFB-Frauen-Sponsoring mit unserer Hilfe für ein Purpose-Thema genutzt haben, um auf das „Gender Care Gap“ zwischen Männern und Frauen aufmerksam zu machen. Dabei war ihnen wichtig, nicht zu politisch zu werden und auch nicht mit dem erhobenen Zeigefinger zu agieren. Stattdessen wollten sie zum Diskutieren anregen. Mit der nackten Evidenz der Gender-Care-Gap Zahlen auf dem Rücken der Hymnenjacken und Warm-Up Shirts ist dies wunderbar gelungen, wie man anhand des großen Medienechos von kicker bis Horizont gesehen hat.

Ich bin der festen Überzeugung, dass der Frauenfußball in Deutschland weiter wachsen und sich langfristig neben seinem männlichen Pendant als Sponsoring-Option fest etablieren wird. Für jeden, der jetzt auf diesen Zug aufspringt, kann das eine riesige Chance sein, mitzuwachsen.


Karsten Bentlage

Wir haben jetzt über viele Chancen für und mit dem Frauenfußball gesprochen. Empfinden Sie die Entwicklung als uneingeschränkt positiv oder sehen Sie auch noch Risiken?

Auch wenn wir den Frauenfußball überwiegend als Chance sehen, gibt es natürlich auch noch vielfach deutlich Luft nach oben. Was die letzte adidas-Studie "Breaking Barriers“ bspw. sehr genau gezeigt hat: der Fußball in Gänze wird von den Fans noch lange nicht als genderinklusiv angesehen und ist nach wie vor noch weit weg von Equal Pay bzw. einem Einkommensniveau im Frauenfußball, was es allen Spielerinnen ermöglicht, Profi-Fußballerin zu sein und unter vergleichbar professionellen Bedingungen wie die Männer zu trainieren. Darunter leidet am Ende natürlich insbesondere die sportliche Qualität in der Breite – da wäre mit besseren Rahmenbedingungen für die Spielerinnen sicher noch mehr möglich. Zudem muss sich der Frauenfußball auch selber noch weiter in der Produktdarstellung im TV/OTT professionalisieren, manche Anstoßzeit überdenken und am Ende auch die Fans dauerhaft in die großen Stadien bringen. Ansonsten wird sein allgemeiner und kommerzieller Erfolg endlich sein.

Genau das wollen wir als SPORTFIVE mit unseren Partnern auf der Rechtehalter- und Brand-Seite verhindern. Wir wollen weiterhin daran arbeiten, dass mehr Geld in den Frauensport allgemein und in den Frauenfußball im Speziellen fließt, weil wir total von der Werbewirkung und Einzigartigkeit dieser Sportplattform überzeugt sind. Und allen Menschen, die sich ggf. noch über die etwaig mangelnde Zweikampfhärte oder Intensität im Frauenfußball ereifern, kann ich nur mitgeben: Im Vergleich der europäischen Big5-Ligen trainieren Frauen im Schnitt nachweislich doppelt so viel wie Männer. Und die letzte Studie der TU München hat ergeben, dass sie nur halb so lange im Schnitt brauchen, um nach einem Foul wieder aufzustehen, wie männliche Profis. Wer wirklich behauptet, der Profi-Frauenfußball heutzutage sei im Vergleich zu weich oder undynamisch, hat wahrscheinlich selber in den letzten Jahren kein einziges Spiel in der Bundesliga oder in den internationalen Turnieren der Nationalelf mehr gesehen.   

Wie würden Sie die Zukunft des Frauenfußballs in Deutschland beurteilen?

Wenngleich es noch das ein oder andere nicht gehobene Potential gibt, sind wir – auch mit Blick auf andere Länder wie UK oder die USA, die uns schon ein paar Schritte voraus sind – der festen Überzeugung, dass der Frauenfußball in Deutschland weiter wachsen und sich langfristig neben seinem männlichen Pendant als Sponsoring-Option fest etablieren wird. Für jeden, der jetzt frühzeitig auf diesen Zug aufspringt, kann das eine riesige Chance sein, mitzuwachsen.

Persönlich glaube ich, dass wir alle noch gar nicht wissen, wie groß sein wirtschaftliches Potential und die mögliche Kraft für Veränderungen in der deutschen Gesellschaft wirklich ist. Internationale Beispiele wie Megan Rapinoe, aber auch Caitlin Clark oder Simone Biles in ihren jeweiligen Sportarten, zeigen uns, welche Power hier für uns alle auch über den Sport hinaus entfaltet werden kann und wie sehr sich viele Fans einfach eine diversere Sportlandschaft mit gleicher Behandlung von Männern und Frauen wünschen. Wenn wir dazu als SPORTFIVE etwas beitragen, macht mich das neben dem kommerziellen Erfolg für uns auch persönlich sehr glücklich.

Ist der Frauenfußball gegenüber Veränderungen offener als der Männerfußball?

Ich mag den Gedanken, dass im Frauenfußball vielleicht bald auch etwas innovativer bzgl. Formatmodifikationen wie Play-Offs, aber auch Behind-the-scenes-Content und -kameras bzw. vielleicht sogar Investoreneinbindung gedacht wird, als bei den Männern. Hier ist der Sport einfach gefühlt etwas weniger kulturell aufgeladen und die Fans offener. Zudem ist die Abhängigkeit von den TV-/OTT-Partnern und ihrem Media-Geld noch etwas geringer. Was ich allerdings nicht sehe, sind Forderungen wie einem kleinerem Spielfeld oder kürzerer Spielzeit wie bspw. bei der Kings oder Queens League für den Bundesliga- bzw. internationalen Turnierbetrieb von UEFA und FIFA nachzugeben. Das ist schlichtweg ein anderes Produkt und die notwendigen Gelder für den Aufbau einer solchen Infrastruktur sollten viel lieber in die Förderung von mehr Trainerinnen, Funktionärinnen und Profi-Spielerinnen eingesetzt werden. Das sollte für uns alle die oberste Priorität sein.     

Vielen Dank für das Gespräch!

Hier geht es zu Teil 1 des großen Interviews mit Hendrik Schiphorst über die Gründe von SPORTFIVE's Engagement im Frauenfußball, hier zu Teil 2 mit Stefan Heitfeld über die Ziele und Sponsoringbeispiele im Frauenfußball.

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