
Gastbeitrag: Warum eine Generation keinen Live-Sport mehr schaut – und was die Branche nun tun kann
Junge Menschen interessieren sich für Sport, konsumieren ihn aber anders. Live-Übertragungen verlieren an Bedeutung, während Clips, soziale Medien und On-Demand-Angebote dominieren. Die Branche erkennt das Problem, handelt aber zu zögerlich.
In diesem Insight:

Das Ende einer Ära? Die unaufhaltsame Transformation des Sportkonsums
Die Daten sind eindeutig – und sie sind alarmierend: Während das Interesse am Sport allgemein stabil bleibt, vollzieht sich ein fundamentaler Wandel in der Art und Weise, wie Fans Inhalte konsumieren. Laut einer aktuellen Studie von Altman Solon bevorzugen 44 Prozent der jungen Zuschauer Highlights, weil sie flexibel abrufbar sind, 41 Prozent interessiert primär das Endergebnis, und 36 Prozent schätzen die Möglichkeit, Clips einfach mit Freunden zu teilen.
Die klassische Vorstellung von Sport als einem gemeinschaftlichen Live-Erlebnis – sei es im Stadion oder vor dem Bildschirm – ist ins Wanken geraten. Die junge Generation konsumiert Sport so, wie sie auch andere Medien nutzt: fragmentiert, mobil, interaktiv.
Für eine Branche, die jahrzehntelang von teuren TV-Rechten, linearen Übertragungen und geschlossenen Paywall-Modellen gelebt hat, ist das eine existenzielle Herausforderung. Die Frage ist nicht mehr, ob sich die Sportindustrie anpassen muss – sondern wie schnell und radikal sie es tut.
Ein Weckruf, der in der Chefetage verhallt
Man könnte annehmen, dass diese Entwicklungen in den Vorstandsetagen der Sportindustrie hektische Umbrüche ausgelöst haben. Doch das Gegenteil ist der Fall: 65 Prozent der befragten Sportmanager äußerten sich in der Studie besorgt darüber, dass Live-Sport an Relevanz verliert. Aber nur 19 Prozent glauben, dass die Branche aktiv genug gegensteuert.
Die Gründe für diese Trägheit sind offensichtlich: Die bestehenden Geschäftsmodelle funktionieren für die ältere Generation noch gut genug, um kurzfristig weiter Gewinne zu generieren. Das ist das Dilemma: Die Branche verdient noch immer gut an einem Modell, das sie langfristig zerstören wird.
Doch die Alarmzeichen sind nicht zu übersehen. Gerade in Europa gelingt es immer weniger, interessierte Fans zu regelmäßigen Live-Zuschauern zu machen. Während in den USA 77 Prozent der sportaffinen Menschen auch tatsächlich Live-Sport schauen, liegt dieser Wert in Europas Top-Ligen nur bei 66 Prozent. Besonders dramatisch ist die Entwicklung in Frankreich, wo selbst Spiele der Ligue 1 kaum noch große Live-Publika erreichen.

Zugangshürden: Wie die Branche Fans aktiv abschreckt
Ein Teil des Problems ist hausgemacht. Neben dem veränderten Medienverhalten sorgen strukturelle Zugangshürden dafür, dass immer weniger Menschen Live-Sport konsumieren.
Diese Probleme erscheinen umso bedenklicher, wenn man die Kosten betrachtet. Ein Fan der Premier League in den USA muss 816 US-Dollar pro Jahr für verschiedene Abonnements zahlen, in Großbritannien sind es immerhin 460 US-Dollar jährlich. 43 Prozent der Sportfans geben an, dass sie zwar interessiert wären, aber unter den aktuellen Preisstrukturen nicht zahlen wollen.
Die Konsequenz: Viele junge Fans suchen nach alternativen – nicht immer legalen – Wegen oder verzichten ganz. Der Profisport riskiert, eine ganze Generation an neue, digitale Unterhaltungsformen zu verlieren – sei es Gaming, E-Sport oder Social-Media-Content.
Der Weg aus der Krise: Braucht der Sport einen Netflix-Moment?
Was also tun? Klar ist: Die bisherigen Modelle der Sportvermarktung sind nicht mehr zukunftsfähig. Die Branche muss sich anpassen – und das bedeutet weit mehr als nur Streaming-Angebote einzuführen. Einige Ansätze könnten dabei erfolgsversprechend sein.
Flexible Preismodelle statt teurer All-Inclusive-Abos
Wer nur die Highlights oder einzelne Spiele sehen möchte, sollte nicht gezwungen sein, ein Jahresabo für mehrere Hundert Euro abzuschließen. Pay-per-View-Optionen, gestaffelte Preispläne und werbefinanzierte Inhalte könnten ein Weg sein
Mehr Plattformvielfalt und Social-Media-Integration
Junge Menschen sind auf TikTok, Instagram und Youtube unterwegs – warum sollte der Sport dort nicht präsenter sein? Kooperationen mit großen Tech-Plattformen könnten völlig neue Monetarisierungsmodelle erschließen
Community- und Fan-zentrierte Angebote
Sport lebt von Emotionen und sozialem Austausch. Ein stärkerer Fokus auf interaktive Formate, Fan-Engagement und digitale Communities könnte dazu beitragen, junge Menschen wieder enger an den Sport zu binden
Ein „Spotify-Modell“ für Sport
In der Musikbranche hat das Streaming-Modell dazu geführt, dass viele Menschen wieder für Inhalte zahlen – weil es einfach und fair gestaltet ist. Warum nicht auch für Sport? Ein zentralisiertes Modell, das mehrere Ligen und Wettbewerbe unter einer Plattform vereint, könnte die Lösung sein.
Die Zeit für kleine Anpassungen ist vorbei
Die Sportindustrie steht an einem Scheideweg. Entweder sie erkennt den fundamentalen Wandel in den Konsumgewohnheiten an – oder sie verliert mittelfristig eine ganze Generation an Fans.
Bisher scheint sich die Branche auf dem Erfolg vergangener Jahrzehnte auszuruhen. Doch dieser Erfolg ist trügerisch. Während die ältere Generation noch an klassischen Modellen festhält, entwickelt sich eine völlig neue Zuschauermentalität. Wer das ignoriert, wird in den nächsten Jahren mit einem drastischen Relevanzverlust konfrontiert sein.
Die digitale Transformation ist nicht mehr nur eine Option – sie ist eine Notwendigkeit. Wer den Wandel nicht aktiv gestaltet, wird von ihm überrollt.
Next Gen Fans, Next Gen Media – der SPOBIS Summit “Sports Clubs” liefert Antworten
Wer verstehen will, wie sich das Medienverhalten im Sport verändert – und vor allem, wie man als Rechtehalter oder Medienanbieter darauf reagiert –, sollte den SPOBIS Summit „Sports Clubs“ am 23. Mai in Hamburg nicht verpassen. In den Panels „Who’s watching? Rethinking sports media in the age of streaming“ und "Smart, Centralized, Engaging: The Tech Blueprint for Sports Clubs" diskutieren Branchengrößen von über genau diese Fragen: Wie erreicht man junge Zielgruppen? Welche Plattformstrategien und neue -technologien funktionieren? Und wie lässt sich ein nachhaltiges Monetarisierungsmodell für ein zunehmend fragmentiertes Publikum schaffen? Wer Awareness, Engagement und Reichweite langfristig sichern will, findet hier die passenden Insights und Best Practices – kompakt an einem Tag, auf einer Bühne.
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